Einmal und sofort: Warum Emissionen im ersten Jahr zugeordnet werden

Beim Kauf eines Gebäudes – ein Kapitalgut, das über Jahrzehnte genutzt wird – wird der gesamte CO₂-Ausstoß des Baus vollständig im Jahr der Anschaffung bilanziert. Diese Herangehensweise nach dem GHG-Protokoll lässt die Bilanz in einzelnen Jahren deutlich ansteigen und führt häufig zu Fragen, ob diese Zuordnung sinnvoll ist. Dieses Prinzip findet sich auch in anderen Kategorien, wie bei der Nutzung verkaufter Produkte oder der Entsorgung von Altprodukten. In diesem Beitrag beleuchten wir das Prinzip der Einmal-Bilanzierung, geben konkrete Beispiele und beleuchten Vor- und Nachteile.

|  06. Januar 2025

🕓 Lesezeit 8 Minuten

Carbon Credits

1. Die Grundlagen der Einmal-Bilanzierung nach dem GHG-Protokoll

 

Das GHG-Protokoll (Greenhouse Gas Protocol) ist der weltweit am häufigsten genutzte Standard für die THG-Bilanzierung. Es teilt Emissionen in drei Kategorien (Scopes) ein:

  • Scope 1: Direkte Emissionen aus eigenen Quellen.
  • Scope 2: Indirekte Emissionen aus dem Energiebezug.
  • Scope 3: Weitere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette.

Das Prinzip der Einmal-Bilanzierung findet besonders in Scope 3 breite Anwendung. Es besagt, dass Emissionen, die über die gesamte Lebensdauer eines Produkts oder einer Investition auftreten, vollständig im ersten Jahr bilanziert werden.

Warum werden Emissionen in ersten Jahr zugeordnet? Diese Methode reduziert den Verwaltungsaufwand erheblich, da eine anteilige Zurechnung über viele Jahre hinweg in der Praxis kaum umsetzbar wäre. Zudem ermöglicht sie eine konsistente und nachvollziehbare Berichterstattung, die Stakeholdern eine klare Grundlage für Entscheidungen bietet.

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2. Beispiele für die Einmal-Bilanzierung

 

Kapitalgüter (Kategorie 2: Capital Goods)

Kapitalgüter wie Maschinen oder Gebäude, die mehrere Jahrzehnte genutzt werden, verursachen in ihrer Herstellung erhebliche Emissionen. Diese werden im Jahr der Anschaffung vollständig bilanziert, obwohl die Güter oft über Jahrzehnte abgeschrieben werden.

Beispiel:
Ein Unternehmen bilanziert die Emissionen aus der Herstellung neuer Produktionsmaschinen vollständig im Jahr des Kaufs, selbst wenn diese 20 Jahre im Betrieb bleiben.

Transport und Vertrieb (Kategorie 9: Downstream Transportation and Distribution)

Emissionen aus der Lieferung von Produkten an Kunden werden im Verkaufsjahr bilanziert, unabhängig davon, wie lange die Transportwege in der Zukunft fortgeführt werden könnten.

Beispiel:
Ein Möbelhersteller bilanziert die Emissionen, die durch den Versand von Produkten an Endkunden entstehen, direkt im Jahr des Verkaufs. Dazu gehören beispielsweise Emissionen durch die Nutzung von LKWs, Schiffen oder Flugzeugen.

Nutzungsemissionen verkaufter Produkte (Kategorie 11: Use of Sold Products)

Die Emissionen, die während der gesamten Nutzungsdauer eines Produkts entstehen, werden dem Verkaufsjahr zugerechnet.

Beispiel:
Ein Automobilhersteller bilanziert die gesamten CO₂-Emissionen, die ein Fahrzeug während seiner Lebensdauer ausstößt, bereits im Jahr der Auslieferung. Ähnlich verfahren Hersteller von Haushaltsgeräten wie Kühlschränken oder Heizkesseln. Die volle Verantwortung für die Nutzungsphase wird auf das Verkaufsjahr übertragen.

Entsorgung verkaufter Produkte (Kategorie 12: End-of-Life Treatment of Sold Products)

Die Entsorgung verkaufter Produkte, z. B. Recycling oder Deponierung, wird ebenfalls im Verkaufsjahr bilanziert.

Beispiel:
Ein Elektronikhersteller bilanziert die gesamten Emissionen, die durch das Recycling von Batterien und anderen Komponenten seiner Produkte entstehen, bereits im Jahr des Verkaufs. Dies gilt, obwohl die Produkte oft erst Jahre später entsorgt werden.

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3. Vorteile und Herausforderungen der Einmal-Bilanzierung

Vorteile

Vereinfachte Erfassung: Der Bilanzierungsprozess wird standardisiert, und Folgejahre bleiben frei von Rückwirkungen. Das vereinfach die Datenerfassung.

Transparenz: Unternehmen übernehmen Verantwortung für die von ihnen initiierten Emissionen.

Herausforderungen

Hohe Einmalbelastung im Bilanzjahr: Die Einmal-Bilanzierung führt oft zu hohen ausgewiesenen Emissionen im Anschaffungsjahr.

Interpretation: Außenstehende könnten die hohen initialen Werte als ineffizient interpretieren, obwohl diese der Methodik geschuldet sind.

4. Fazit: Einmal bilanzieren für mehr Praktikabilität

Die Einmal-Bilanzierung nach dem GHG-Protokoll ist ein entscheidendes Prinzip, um die Zuordnung von Emissionen zu vereinfachen. Sie bietet eine praktikable Lösung, die Effizienz in der THG-Bilanzierung sicherstellt.

Trotz der Herausforderungen, insbesondere der Ausreißer durch hohe Werte im ersten Jahr, sprechen Gründe der Machbarkeit klar für diese Methode. Der Aufwand, Emissionen über viele Jahre hinweg anteilig zuzurechnen und die damit verbundene Datenverwaltung zu betreiben, wäre in der Praxis nahezu unmöglich tragbar.

Praxistipp: Kommunikation von Ausreißern

Eine transparente Kommunikation spielt hierbei eine zentrale Rolle. Unternehmen sollten die Methodik und deren Auswirkungen offen gegenüber Stakeholdern kommunizieren, um die Einmal-Bilanzierung und eventuelle Ausreißer nachvollziehbar zu erklären. Diese Offenheit hilft, Vertrauen zu schaffen und Verständnis für die Methodik zu fördern.

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Quellen

Greenhouse Gas Protocol – Scope 3 Calculation Guidance: https://ghgprotocol.org/scope-3-calculation-guidance-2 Zugriff am 3. Januar 2025

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